Es ist das Jahr eins nach Hamish Macdonald. Der Neuseeländer dominierte die letzten beiden Jahre nach Belieben, holte sich 2020 wie auch 2021 den Titel des Internationalen Deutschen Enduro Meisters. In diesem Jahr wird der Sherco-Fahrer keine komplette Saison in Deutschland bestreiten, wohl aber bei dem ein oder anderen Lauf an den Start gehen, wie Teamchef Marcus Kehr verspricht.
So steigt unweigerlich dessen Team-Kollege und Vize-Champ Luca Fischeder zum Titelaspiranten Nummer eins auf. Auch deshalb, weil dieser im letzten Jahr noch einmal in allen Bereichen einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht hat, vor allem was seine Konstanz auch auf ungeliebtem Terrain betrifft. Daher ist sein Ziel, „ich will im Championat unter die Top Zwei – alles andere wäre eine Niederlage für mich“, absolut realistisch.
Ebenso wie Edward Hübners Einschätzung, Vorjahresdritter, der sich ebenso wieder einen Platz unter den Top Drei ausmalt. Dann feiert Davide von Zitzewitz nach langer Verletzungspause sein Comeback. „Am liebsten möchte ich dort weitermachen, wo ich aufgehört habe“, betont der KTM-Fahrer, der bekanntlich bei seinem bis dato letzten DEM-Auftritt die Tageswertung in Waldkappel gewonnen hatte. Ob er allerdings schon wieder auf diesem Level ist, vermag er selbst nicht zu sagen. Hinzu kommt noch Chris Gundermann, der im vergangenen Jahr eine großartige Entwicklung genommen hat und sich ab und an unter die Top Drei schieben konnte. Oder Yanik Spachmüller, gelingt ihm ein weiterer Schritt nach vorn?
E1 – Die neue „Königsklasse"?
In den letzten Jahren genoss die Klasse E2 immer den Ruf, mit der größten Leistungsdichte an Top-Fahrern besetzt zu sein. Doch 2022 scheint die E1 ihr diesen Rang abzulaufen. Gleich drei amtierende Deutsche Meister sind da am Start. Allen voran der Titelverteidiger Yanik Spachmüller, der dieses Jahr mit der Startnummer eins auf seiner GasGas ins Rennen gehen wird. Hinzu kommt E2-Titelträger Edward Hübner auf der KTM, der nur ein Ziel vor Augen hat, „ich will den Titel gewinnen und möglichst immer ganz oben stehen“ sowie Junioren-Champ Maxi Wills, der sich ein wenig bescheidener aber nicht minder ehrgeizig gibt. „Ich hatte eine super Vorbereitung, alles lief bestens. Entsprechend motiviert und gespannt bin ich auf den Saison-Auftakt. Die Luft im Kampf um die Spitzenplätze ist natürlich in diesem Jahr für mich wesentlich dünner. Dennoch möchte ich am Ende unter den besten Drei sein“, so der Husqvarna-Fahrer. Und dann gibt noch Tristan Hanak auf der GasGas sowie die drei KTM-Fahrer Kevin Nieschalk, Vorjahresdritter und Überraschungssieger aus Waldkappel, Andreas Beier, E3-Vizemeister, der sein Comeback in jener Klasse gibt, in der er 2019 seinen achten und bis dato letzten DEM-Titel einfahren konnte, sowie den immer noch extrem schnellen und nimmer müden Arne Domeyer, den mit 45 Jahren gestandenen Oldie im DEM-Starterfeld.
E2 – Meister und Vizemeister nicht am Start!
Während Edward Hübner in der E1 auf Titeljagd gehen wird, entschloss sich Benjamin Meusel, seine Karriere ausklingen zu lassen. Zwar wird er seinen Helm noch nicht gänzlich an den Nagel hängen, aber eben auch keine komplette DEM-Saison mehr bestreiten. Wer wird diese beiden nun beerben? Als Favorit auf den Titel dürfte zweifellos Davide von Zitzewitz angesehen werden, wenngleich sich dieser mit Prognosen aber noch ein wenig zurückhält. „Ich hatte nicht den einfachsten Winter. Durch meinen Armbruch hatte ich doch einiges an Rückstand, den es aufzuholen galt. Aber ich bin optimistisch und freue mich, dass es endlich wieder los geht!“ Als weitere Aspiranten auf die Podestplätze zählen weiterhin der Vorjahresdritte Nick Emmrich (KTM), Paul Roßbach auf der Beta und Tilman Krause (KTM), der im Vorjahr familiär bedingt, die Saison ebenfalls nicht zu Ende fuhr, bis dahin aber einen überaus starken Eindruck hinterließ.
E3 – Gelingt Luca Fischeder ein erneuter Durchmarsch?
Der Sherco-Fahrer war der einzige, der in seiner Kategorie ungeschlagen blieb. Wird ihm das Kunststück auch dieses Jahr gelingen? „Das wäre optimal. Aber auf jeden Fall möchte ich meinen Titel verteidigen“, stellt der amtierende Meister klar. Wer wird also Luca Fischeder Paroli bieten können? Diese Rolle dürfte in erster Linie Chris Gundermann zugeschrieben werden, der im Vorjahr immer wieder mit Top-Resultaten glänzte. Beim Saison-Finale in Grünheide setzte der langjährige Viertakt-Fahrer erstmalig auf einen Zweitakter und überzeugte mit Platz drei im Championat. Dennoch meinte der KTM-Fahrer damals „in Sachen Endurosport bin ich noch immer in der Lernphase“, schob jedoch eindrücklich nach, „aber irgendwann möchte ich schon einmal einen DEM-Titel gewinnen!“ Einen Platz unter den Top drei rechnet sich auch Florian Görner aus. Nach einem Jahr in der E1, welches er als Vizemeister abschloss, ist er nun auf der großen Zweitakt-KTM zurück. Und noch ein weiterer Fahrer gibt sein Comeback: Noah Wenz! Der Junioren-Champ von 2020 verpasste verletzungsbedingt die komplette letzte Saison. Wo wird sich jetzt das Talent in diesem Jahr einreihen? Robert Riedel, ein weiterer Top-Fahrer, neu in der Klasse E3 und auf GasGas, erwischte hingegen einen denkbar unglücklichen Start in die neue Saison. Bei einer Trainingssession stürzte der ehemalige E1-Champion schwer und zog sich Fuß- sowie innere Verletzungen zu. Dennoch möchte er so schnell wie möglich zurückkehren, am liebsten schon in Tucheim...
Junioren – Wer folgt auf Maximilian Wills?
Ganz oben auf der Liste steht der 19-jährige Oskar Wolff, der im letzten Jahr souverän den Vizetitel hinter seinem Husqvarna-Teamkollegen Maximilian Wills einfuhr und so logischerweise ein Top-Favorit auf den Titel ist. Für Karl Weigelt, Dritter des Vorjahres und nun auf der KTM unterwegs, ist es altersbedingt die letzte Chance auf den ganz großen Wurf bei den Junioren. Zudem dürften mit den beiden Norddeutschen, den KTM-Youngster Nils Teegen sowie Lane Heims auf der GasGas, der nach langer Verletzungspause wieder zurück ist, zu rechnen sein. Ebenso wie mit Sherco-Fahrer Milan Schmüser, der beim letztjährigen Sprint-Enduro in Meltewitz bis zu seinem Sturz mit großartigen Zeiten aufhorchen lies. Gespannt darf man zudem auf das Debüt von Garry Dittmann sein, der im letzten Jahr mit einer 125 ccm KTM das B-Championat gewann. In diesem Jahr setzt der Thüringer auf eine Viertakt-GasGas.
Gaststarter – das Zünglein an der Waage?
Für den DEM-Auftakt in Tucheim haben zudem ein paar Gaststarter aus Schweden und den Niederlanden genannt. Besonders dürfte dabei der Name Filip Bengtsson ins Auge stechen. Der Schwede war im letzten Jahr bei zwei Läufen in der Enduro-Weltmeisterschaft am Start und überzeugte dort mit starken Resultaten. Zudem gibt es ein Wiedersehen mit Wesley Pittens, der in der Vergangenheit schon einige Male seine Visitenkarte in der DEM abgegeben hat.