Bisher gewannen vierzehn verschiedene Fahrer diesen bedeutenden Titel. Manche nur einmal, manche mehrfach. Enduro-Weltmeister und internationale Top-Stars sind in der Siegerliste zu finden. Aber auch Fahrer, die heute noch in der Internationalen Deutschen Enduro Meisterschaft anzutreffen sind und diese mit ihrem ungebrochenen Engagement weiter entscheidend prägen. So, wie auch die zwei Teamchefs Bert von Zitzewitz und Marcus Kehr, die beide eine ganz besondere Beziehung zum Championat haben. Deren Geschichten und weitere interessante Fakten rund um diese klassenübergreifende Wertung, werden in den folgenden Zeilen etwas genauer unter die Lupe genommen.
1987 – zum ersten Mal wurde der Championatstitel vergeben!
Der Grund, weshalb diese Wertung eingeführt wurde, liegt offenkundig auf der Hand. Es sollte ein „ultimativer Deutscher Enduro-Meister“ gekürt werden können - gerade in jener Zeit, als es gleich ein halbes Dutzend Meister in den verschiedenen Kubik-Klassen gab!
Den allerersten Titel 1987 sicherte sich Bert von Zitzewitz, der zwar schon eine erfolgreiche Karriere im Endurosport vorzuweisen hatte (u.a. Sieg mit dem Silbervasen-Team bei den ISDE 1980, Deutscher Meister 1980 und 1982), seine Aktivitäten Mitte der 80er aber vorrangig auf den Motocross-Sport verlegte. „Von 1983 bis 1986 war ich in der 500 ccm Motocross-Weltmeisterschaft und der Deutschen Meisterschaft unterwegs, konnte letztere sogar zweimal als Dritter abschließen“, blickt Bert auf die nun schon vier Jahrzehnte zurückliegende Zeit zurück. Damals war er auf Maico unterwegs, einer deutschen Kult-Marke, die große Erfolge feierte. „Ich war im Herbst´86 auf der Motorradmesse in Köln und wollte mit denen einen neuen Vertrag aushandeln, als ich dort erfuhr, das Maico pleite ist. Das traf mich wie aus heiterem Himmel. Handy, Internet, Soziale Medien, alles das gab es ja noch nicht, wo man hätte etwas erfahren können.“ Weshalb der heute 66-Jährige erst einmal perplex und ohne Vertrag dastand. Doch gute Kontakte zu seinem langjährigen Freund Toni Stöckelmeier ließen ihn bei KTM unterkommen. Wieder die Motocross-Bühne fest im Blick wurde der damalige DEM-Saison-Auftakt in Kaltenkirchen zu Trainingszwecken genutzt, um sich mit dem neuen Material vertraut zu machen. „Und dort lief es gleich richtig gut. Ein Tagessieg und ein zweiter Platz waren mehr als das, was wir uns erhofft hatten. Folglich legte mir Toni nahe, doch die komplette Enduro-DM zu fahren, was ich letztlich auch tat“, verrät Bert, der diese Entscheidung nicht bereut haben dürfte. „Es war eine super Saison, die ich nicht nur mit dem Titel in der 500er Zweitakt-Klasse, sondern auch mit dem ersten Championatstitel überhaupt abschließen konnte!“
1988 gelang die erfolgreiche Titel-Verteidigung, Championat Nummer zwei war in der Tasche! Zudem holte er auch wieder den Titel in der Klasse und schloss die Enduro-EM auf Rang vier sowie die Motocross-Inter-DM auf Rang fünf ab. Um den Titel-Hattrick perfekt zu machen, wurde nochmals viel investiert, trainiert, getestet. „Im Grunde war es ein gutes Jahr, aber es lief nicht alles perfekt. So musste ich den Championatstitel an Michael Hoffmann abtreten, was mich extrem gewurmt und beschäftigt hat“, gibt Bert offen zu, der 1990 noch Enduro-Vizeweltmeister wurde, weitere zahlreiche DM-Titel einfuhr und seine erfolgreiche Karriere schließlich im Herbst 1993 beendete – aber nie wieder das Championat gewann!
Mit der Wendezeit nahm die Konkurrenz deutlich zu
1989 war zunächst Michael Hoffmann erfolgreich. Der Bayer sicherte sich auf einer Moto-TM seinen ersten und einzigen Championatstitel. Besonders bemerkenswert, er war auf einem 125er Zweitakter unterwegs und bewies damit, dass man sich auch gegen Konkurrenten auf wesentlich leistungsstärkeren Motorrädern durchsetzen kann. Ab dem Frühjahr 1990 bereicherten zahlreiche Top-Fahrer aus der damals noch existierenden DDR die DEM. Harald Sturm, Jens Scheffler, Andreas Cyffka und eben Uwe Weber, der gleich auf Anhieb den Championatstitel einfahren konnte. Der ehemalige MZ-Werksfahrer und Trophy-Sieger von 1987 ging damals auf einer KTM von Rolf Musch an den Start, der den Erfolg seines Schützlings, als einen der größten seiner langjährigen Teamgeschichte bezeichnete (siehe Rolf Musch verabschiedet sich in den Ruhestand).
Doch nicht nur Fahrer aus den jetzt neuen Bundesländern bereicherten die DEM, sondern auch zahlreiche tschechische Top-Fahrer kamen hinzu, welche auch gleich reihenweise Titel in den einzelnen Klassen abstaubten, wie Lubomir Vojkuvka, Libor Podmol oder Otokar Kotrba. Der Championatstitel allerdings blieb vorerst unerreicht. Auf den schien nämlich Dirk von Zitzewitz, der zehn Jahre jüngere Bruder von Bert, ein Abonnement gehabt zu haben. Er prägte zu jener Zeit die Meisterschaft, wie es zuvor noch keinem anderen gelungen war. 1991 holte er seinen ersten Titel auf Suzuki, 1992 bis 1994 folgten drei weitere mit KTM. Er ist damit der einzige Fahrer, dem dieses Kunststück auf zwei verschiedenen Marken gelang. Zudem sorgte er dafür, dass die bekannte Enduro-Familie aus dem schleswig-holsteinigen Karlshof ein halbes Dutzend Championatstitel ihr Eigen nennen darf.
Ab Mitte der 90er, die Zeit der Enduro-Weltmeister
KTM, Husqvarna, Moto-TM, Husaberg – die deutschen Importeure lockten zahlreiche internationale Top-Starts in die Int. Deutsche Enduro Meisterschaft, die folglich auch das sportliche Geschehen bestimmten. Klangvolle Namen wie Petteri Silvan, Kari Tiainen, Anders Eriksson, Juha Salminen, Shane Watts – alles Enduro-Weltmeister, die nun um den prestigeträchtigen Championatstitel rangen.
1995 und 1996 war Finnlands Husqvarna-Star Petteri Silvan der schnellste Mann in der DEM. 1997 entführte Lubomir Vojkuvka (Moto-TM) zum bis dato einzigen Mal den Titel in die Tschechische Republik. 1998 war der finnische Ausnahmekönner Juha Salminen (KTM) am Drücker. Zweifellos einer der besten Enduro-Fahrer aller Zeiten, der damals noch so ziemlich am Anfang seiner überaus erfolgreichen und mit zahlreichen WM-Titeln gespickten Karriere stand. Ein Jahr später läutete Rickard Larsson die Zeit der Schweden in der DEM ein. Der Husqvarna-Fahrer holte 1999 den Titel. Landsmann, Marken-Kollege und Mehrfach-Weltmeister Anders Eriksson (Foto unten) zwischen 2000 und 2004 gleich viermal. Unterbrochen wurde die Serie lediglich 2003 von Sascha Eckert auf KTM, den bis dahin zehnten Fahrer und erst fünften Deutschen, der das Championat gewinnen konnte.
Marcus Kehr und seine Rekord-Serie
Es ist das Jahr 2005. Erneut sind mit Tomi Peltola und Mika Saarenkoski WM-erprobte Topfahrer aus Finnland dabei. Aber auch zahlreiche junge deutsche Fahrer, wie Marco Straubel, Mike Hartmann, Ralf Scheidhauer und eben Marcus Kehr drängen zunehmend mit starken Leistungen ins Rampenlicht. Vor allem Letztgenannter setzte in jenem Jahr endgültig zum Höhenflug an. „Mein erster Championatstitel war definitiv etwas ganz Besonderes, vielleicht sogar der schönste überhaupt“, meint Marcus rückblickend und damals nichtsahnend, dass noch viele weitere dazu kommen sollten. Bis einschließlich 2013 blieb er ungeschlagen, feierte neun Titel am Stück – ein einsamer Rekord. Und vielleicht auch eine Bestmarke für die Ewigkeit? „Kann sein, schwer zu beurteilen“, zuckt der damalige KTM-Fahrer und heutige Sherco-Teamchef nur mit den Schultern. „Es hat wirklich enorm viel erfordert, über eine so lange Zeit ganz vorn mitzufahren. Nicht einmal die einzelnen Titel, sondern die unheimlich Konstanz auf so hohem Niveau macht mich rückblickend am meisten stolz. Da ich parallel auch immer in der Enduro-WM unterwegs war, erhöhte sich auch in gewissen Maßen das potenzielle Verletzungsrisiko. Hinzu kam der ganze Reisestress, oftmals folgten WM und DM dicht aufeinander. Und dennoch habe ich immer abgeliefert und bin dabei auch meist verletzungsfrei über die Runden gekommen“, unterstreicht der 41-Jährige mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
2011 wäre die Serie allerdings beinahe gerissen, eine Verletzung drängte ihn an den Rand einer Niederlage. „Damals hatte ich mir beim WM-Lauf in Portugal die Hand kompliziert gebrochen und nur kurze Zeit später ging es zum DEM-Sprint-Enduro nach Venusberg. Es gab nur eine Option und die war, dort zu fahren. Irgendwie musste es gehen, um so viele Punkte wie möglich mitzunehmen. Es war eine schmerzhafte Tortur, die sich aber letztlich doch ausgezahlt hat“, so Marcus, der in jenem Jahr ohnehin einen harten Kampf mit Dennis Schröter austrug und erst beim DEM-Finale in Zschopau mit diesem punktemäßig gleichzog. 738:738 Punkte nach neun Saisonläufen - es ist bis jetzt die knappste Entscheidung in der Geschichte des Int. Deutschen Enduro Championats! Dank der Regelung, der besseren Einzelplatzierungen ging der Titel letztendlich aber wieder an den Seriensieger nach Sachsen. Was für ein dramatischer Ausgang!
Die letzten zehn Jahre - Dennis Schröter und die Sherco-Jungs
2014 - noch einmal drei Jahre musste Dennis Schröter, nach der aus seiner Sicht unglücklichen Niederlage, warten bis auch er endlich den langersehnten Championatstitel erringen konnte. Damit war der Knoten endgültig geplatzt und der damalige Husqvarna-Fahrer setzte zu einem nicht minder beeindruckenden Triumphzug an. 2015 folgte Titel Nummer zwei, 2016, bei dem er sich in einem Herzschlagfinale gegen Davide von Zitzewitz durchsetzte, Nummer drei. Auch 2017 und 2018 war er nicht zu schlagen. 2019 machte der heutige DEM-Trackinspector im stolzen Alter von 37 Jahren das halbe Dutzend voll.
2020 betrat Hamish Macdonald die DEM-Bühne. Seines Zeichens damals amtierender Youth-Weltmeister und Sherco-Werksfahrer. Überlegen holte er, in der durch Corona-bedingten kürzesten DEM-Saison aller Zeiten, seinen ersten Championatstitel. Zudem sorgte der Neuseeländer für den ersten Sherco-Triumph, der erst fünften siegreichen Marke nach KTM (17 Titel), Husqvarna (13), Moto-TM (2) und Suzuki (1), in der Geschichte des Championats. 2021 verteidigte Hamish seinen Titel erfolgreich, bevor er nach zwei Jahren die DEM wieder verließ und dessen Team-Kollege Luca Fischeder in seine Fußstapfen trat.
Der Sherco-Fahrer holte 2022 erstmals die Championatskrone und trug sich schließlich als vierzehnter und bis dato letzter Fahrer in die Siegerliste ein. 2023 wiederholte er seinen Erfolg und schraubte so die Bilanz des französischen Herstellers auf vier Triumphe. In diesem Jahr ist Titelverteidiger Luca Fischeder nicht in der DEM Start, weshalb es 2024 auf jeden Fall einen neuen Champion geben wird - die Nummer 15!
Für Fans der Statistik: Übersicht aller Int. Deutschen Enduro Meister von 1987 – 2023 auf einen Blick!