Race-Report - DEM Uelsen 2023
Giganten-Duell endet 1:1
19.-20.08.2023
Nach vier Jahren Auszeit gastierte die Int. Deutsche Enduro Meisterschaft nun wieder beim MSC Niedergrafschaft e.V. in Itterbeck. Auch wenn die Uelsener ADAC-Geländefahrt dieses Mal im Sommer ausgetragen wurde, entwickelte sie sich zu einer durchaus anspruchsvollen Veranstaltung. Drei verschiedene Sonderprüfungen, welche gut auf der Runde verteilt waren, sorgten für ordentliche Würze. Zumal sich diese im Laufe des Wochenendes als immer zerfahrener und kaputter gestalteten. Ein Umstand, der so manchen Fahrer ein breites Grinsen ins Gesicht zauberte. Das unterstrichen auch die beiden Hauptdarsteller der 45. Auflage Luca Fischeder und Jeremy Sydow indem sie meinten: „Es hat total viel Spaß gemacht, vor allem am zweiten Tag, als die Tests so richtig technisch wurden!
Internationale Deutsche Enduro Meisterschaft (A-Championat)
Mit Siegen in allen bisherigen vier Saisonläufen im Gepäck, trat Jeremy Sydow seine Premiere bei der Uelsener ADAC-Geländefahrt in Itterbeck an. Der Sherco-Fahrer präsentierte sich erneut in einer überaus starken Verfassung, was die Konkurrenz in der ersten Runde auch gleich ordentlich zu spüren bekam. Drei Bestzeiten und Platz eins lautete die erste Zwischenbilanz. Einzig Team-Kollege Luca Fischeder blieb ihm auf den Fersen und im ersten Test der zweiten Runde ging dieser wortwörtlich an Jeremy vorbei. Der nämlich rutschte weg und landete höchst unsanft an einem Baum. „Da waren Motorrad und Körper ganz schön in Mitleidenschaft gezogen worden“, berichtet der Sherco-Fahrer mit unübersehbaren Schrammen im Gesicht und erst einige Zeit nach der Zielankunft, nachdem ihm ein Arzt einen Halswirbel wieder eingerenkt hatte. „Danach war ich erst einmal von der Rolle. Der Lenker krumm, das Koti abgerissen, der Auspuff platt.“ An jeder Zeitkontrolle wurde geschraubt, um das Motorrad wieder herzurichten. „Am Ende lief es wieder richtig gut. Ich konnte noch ein paar Bestzeiten fahren. Das war mir wichtig, auch mit Blick auf den Folgetag.“
So war es letztlich Luca Fischeder, der auf den anspruchsvollen und immer kaputterenTests nahezu fehlerlos blieb und damit seinen ersten Saisonsieg feiern konnte. Entsprechend positiv gestimmt zeigte sich der Titelverteidiger beim Sieger-Interview: „Ich bin zufrieden. Zwar war auch ich nicht ganz fehlerfrei unterwegs und in der ersten Runde noch ein wenig zögerlich, doch im Großen und Ganzen hat alles gepasst. In der zweiten Runde konnte ich viel Zeit gutmachen, so dass ich am Ende nicht mehr volles Risiko gehen musste“, so der Gesamtsieger des ersten Wertungstages.
Hinter den beiden Erstplatzierten entbrannte ein spannender Kampf um den dritten Rang. Zunächst hatte Florian Görner diese Position inne, bis ein Sturz ein paar Sekunden kostete. Somit rückte Benjamin Meusel nach vorn, der diese Position, bis auf einen zwischenzeitlichen Konter Görners, auch verteidigen konnte. Doch im letzten der insgesamt zehn Wertungstests flog er mächtig ab und büßte jegliche Chancen ein. „In einer Wellen-Sektion bin ich beim Sprung etwas schräg gekommen. Dabei habe ich mit dem Hinterrad einen Baumstumpf getroffen und bin voll abgestiegen“, bedauert der KTM-Fahrer, der eine schmerzhafte Prellung am linken Bein davontrug. Nutznießer war schließlich Edward Hübner, der damit zum ersten Mal in diesem Jahr unter die Top Drei fuhr. Dahinter belegte Florian Görner Rang vier, Davide von Zitzewitz wurde Fünfter, während sich Benjamin Meusel mit dem sechsten Rang begnügen musste.
Am zweiten Tag erwischte Luca Fischeder den besseren Start. Doch bevor die erste Runde zu Ende ging, lag Jeremy Sydow schon wieder in Front. Oft getrennt nur von ein paar Sekunden, manchmal auch nur von Zehntelsekunden, spulte das Sherco-Duo seine Prüfungen ab. Ein echtes Giganten-Duell, Hochspannung inklusive. Am Ende, nach 53 Minuten Gesamtprüfungszeit, machten gerade einmal 7,41 Sekunden den Unterschied zu Gunsten von Jeremy Sydow, der damit für den verlorenen ersten Tag erfolgreich Revanche nahm. „Es hat viel Spaß gemacht. Die Duelle mit Luca waren großartig und richtig spannend. Am Morgen habe ich noch einen Moment gebraucht, um richtig in den Flow zu kommen. Ab Ende der dritten Runde lief es dann richtig gut. Die Tests waren heute allesamt richtig kaputt gefahren und dadurch sehr technisch. Das liegt mir, aber man musste jederzeit voll fokussiert bleiben. Es war einfach ein super Tag“, strahlt der Tagessieger.
Luca Fischeder zeigte sich trotz knapper Niederlage nicht weniger zufrieden: „Wenn die Leistung stimmt, kann ich mich auch über einen zweiten Platz richtig freuen. Es war ein großartiger Tag mit einem schönen, sehr intensiven Zweikampf. Natürlich ist es schon cooler, wenn man am Ende auch noch gewinnt, aber das ist eben Racing.“ Und auch Edward Hübner, der erneut Dritter wurde, war richtig happy: „An beiden Tagen Dritter hinter den beiden Jungs da vorn zu werden, ist für mich wie ein gefühlter Sieg. Was die Zwei abziehen, ist schon aller Ehren wert“, zieht der KTM-Fahrer neidlos den Hut.
Florian Görner musste sich erneut mit Platz vier begnügen, worüber er sich gehörig ärgerte. „Ich lag bis zur vorletzten Prüfung an dritter Stelle. Dann bin ich in der Sandgrube bei einem Bergab-Sprung ganz komisch aufgekommen und komplett weggerutscht. Leider bin ich danach auch nicht gleich wieder losgekommen“, seufzt der KTM-Fahrer, der aber versichert, dieses Jahr unbedingt noch in die Top Drei fahren zu wollen. Die Top Fünf komplettierte KTM-Fahrer Thierry Pittens aus den Niederlanden. Sein Bruder Wesley wurde Sechster vor dem Schweden Franz Lofquist.
DEM - Klasse E1
Aktuell scheinen die Karten in dieser Klasse klarer verteilt zu sein, als zuvor. Vornweg und unangefochten Jeremy Sydow, der mit sechs Siegen und der Maximalpunktezahl die Meisterschaft anführt. Als klar zweitstärkste Kraft hat sich Edward Hübner etabliert, der sich über sein grundsolides Wochenende freute. „Für mich habe ich das Maximale herausgeholt und darauf kann ich schon stolz sein.“
Zweimal Dritter, hinter den beiden Sachsen, wurde Yanik Spachmüller. Der GasGas-Fahrer durchlebte nicht das beste Wochenende. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten, welche die Tests ausdrücklich lobten, hatte er nicht so viel Positives darüber zu berichten: „Die Prüfungen haben mir nicht sonderlich gefallen. Ich habe dort einfach kein gutes Fahrgefühl bekommen, weshalb ich auch schwer meinen Rhythmus fand.“
Max Schwarte (Sherco) aus den Niederlanden wurde an beiden Tagen Vierter. Beta-Fahrer Andreas Beier, der im Sand beim Saison-Auftakt in Tucheim noch so stark aufgetrumpft hatte, kam beide Male nicht über einen, für ihn enttäuschenden fünften Platz hinaus.
DEM - Klasse E2
Benjamin Meusel sah am ersten Tag schon wie der sichere Sieger aus, bevor ihm der oben bereits erwähnte Sturz alle Siegeschancen raubte. Somit erbte KTM-Markenkollege Davide von Zitzewitz den Klassensieg quasi auf der Zielgeraden, der zu seinem Tagesverlauf nur nüchtern meinte: „Ich stand mir die ganze Zeit irgendwie selbst im Weg. Fünfmal habe ich mein Motorrad ausgemacht und einmal auch nicht gleich wieder anbekommen. Hinzu kam auch noch ein Sturz. Alles in allem keine wirklich gute Leistung.“
Hinter den beiden KTM-Fahrern sorgte Wesley Pittens aus den Niederlanden mit Rang drei für ein rein oranges Podium. Auch auf den Rängen dahinter ging es international zu. Platz vier ging an den Schweden Franz Lofquist (Yamaha), während auf den Rängen fünf und sechs mit Thierry Pittens (KTM) und Lucas Dolfing (TM) zwei weitere Fahrer aus dem benachbarten Holland folgten.
Am Folgetag drehten die ausländischen Gaststarter so richtig auf. Thierry Pittens holte sich schließlich den Tagessieg, der im Anschluss von einer richtig schönen Geländefahrt sprach. „Es hat mir viel Spaß gemacht hier zu fahren und das Ergebnis ist heute natürlich top“, freut sich der jüngere der beiden Pittens-Brüder, der das Familien-Duell diesmal für sich entschieden konnte.
Wesley Pittens konnte dies aber gut verkraften, wie er mit einem Lachen zugab: „Er war heute einfach ein wenig schneller. Ich habe leider schon frühzeitig durch einen Sturz etwas Zeit liegen lassen. Da war es schwer, diese wieder aufzuholen.“ Franz Lofquist machte das rein internationale Podium komplett. Der Schwede zog eine positive Bilanz über sein Wochenende: „An beiden Tagen fand ich morgens noch nicht gleich meinen Rhythmus, gerade in den beiden ersten Waldprüfungen. Über den Tag wurde es aber jedes Mal besser. Der Test in der Sandgrube war natürlich richtig gut, der hat am meisten Spaß gemacht, gerade mit meinem 450iger Viertakter. Dafür war es genau das richtige Motorrad“, lacht der Yamaha-Fahrer, der die komplette DEM-Saison bestreiten wird und diesmal von seinem kleinen Sohn und den Eltern begleitet wurde.
Davide von Zitzewitz belegte Rang vier. Ein Tag zum Abhaken, wie er meinte. Dennoch führt er souverän in der Meisterschaft, zumal er die 25 Punkte für den Sieger einsackte, da die Drei vor ihm keine deutsche Lizenz besitzen und folglich auch nicht punkteberechtigt sind. Unglücksrabe Benjamin Meusel erwischte es noch ein weiteres Mal. Nach einem erneut heftigen Abflug musste er vorerst den Weg ins Krankenhaus antreten.
DEM - Klasse E3
Mit riesen Schritten eilt Luca Fischeder Richtung Titelverteidigung. Der Sherco-Fahrer war an beiden Tagen erneut das Maß aller Dinge. Ebenso eindeutig auf „Vize-Kurs“ liegt Florian Görner, zumal mit Robert Riedel, Tristan Hanak und Noah Wenz gleich mehrere Top-Fahrer in dieser Kategorie fehlen. „Schon vor der Saison war der erneute Vizetitel mein erklärtes Ziel“, gibt Florian Görner offen zu, der die Überlegenheit des Klassenprimus neidlos anerkennt. „Dennoch ist es schade, dass die anderen fehlen. Wir hatten einige schöne und spannende Kämpfe in diesem Jahr“, bedauert der KTM-Fahrer, der beide Wertungstage als Zweiter hinter Tabellen-Führer Luca Fischeder abschloss.
Nutznießer des ausgedünnten Starterfeldes waren letztlich Daniel Mörbe (GasGas), der als Dritter am ersten Tag seinen ersten DEM-Podestplatz einfuhr, während Jörg Haustein am zweiten Tag das Podium komplettierte. Für den Beta-Fahrer war es die erste Top-Drei-Platzierung seit zwei Jahren.
DEM – Junioren
Die erste Bestzeit des Wochenendes ging auf das Konto von KTM-Youngster Felix Melnikoff. Anschließend wechselte die Führung zunächst zu Leon Thoms, danach zu Robert Friedrich, der diese nach neun von zehn Tests noch immer inne hatte. Doch dann riss Leon Thoms das Ruder noch zu seinem Gunsten herum: „Ich habe alles auf eine Karte gesetzt und die fünf Sekunden Rückstand in vier Sekunden Vorsprung ummünzen können“, freut sich der großgewachsene KTM-Fahrer, der zunächst noch etwas Eingewöhnungsschwierigkeiten hatte. „Aber ab der zweiten Runde ging es bergauf und die letzte war dann wirklich top!“
Robert Friedrich musste sich letztendlich mit Rang zwei zufrieden geben. Platz drei sicherte sich Pascal Sadecki auf der einzigen Fantic im DEM-Starterfeld. „Ehrlicherweise ging es besser, als gedacht. Das Gelände hier gehört nicht unbedingt zu meinem Lieblingsterrain. Von daher ist das Ergebnis schon gut. Und außerdem komme ich am zweiten Tag meist besser zurecht.“
Und tatsächlich, seine Ankündigung bestätigte sich! Am Sonntag belegte Pascal Sadecki Rang zwei. Schneller war nur Robert Friedrich. Der tschechische GasGas-Fahrer ließ sich diesmal nicht wieder die Butter vom Brot nehmen. „Der Ausgang gestern war etwas ärgerlich. Umso schöner, dass ich heute den Sieg holen konnte“, so sein knappes Statement.
Jeremy Nimmrich schaffte Platz drei und damit in seiner DEM-Debütsaison erstmalig auf das Podium. „Ich bin selbst ein wenig überrascht. Am ersten Tag bin ich gar nicht klar gekommen, es war schon etwas zum Verzweifeln. Am zweiten lief es dann plötzlich deutlich besser. Ich habe mich viel wohler gefühlt, was sich auch sofort in den Zeiten niederschlug“, freut sich der KTM-Fahrer, der sich nicht nur in der Junioren-Klasse von Rang sechs auf drei gehörig steigerte, sondern auch im Championat gleich zehn Plätze weiter vorn zu finden war. Vortages-Sieger Leon Thoms schrammte als Vierter dieses Mal am Podium vorbei. Ein Sturz in Prüfung eins und ein dabei stark angeschlagener Unterschenkel verhinderten ein besseres Abschneiden.
DEM – Mannschaftswertung
Zusammen sind sie in der ersten Startminute von der Startrampe gerollt, gemeinsam standen sie an beiden Tagen auf dem Championatspodium. Da ist es nur logisch, dass Luca Fischeder, Jeremy Sydow und Edward Hübner, welche das Team ADAC Sachsen 1 bilden, auch in der Mannschaftswertung an beiden Tagen auf dem obersten Treppchen standen. Die Plätze zwei und drei gingen jeweils an die Mannschaften Team ADAC Niedersachsen / Sachsen-Anhalt (mit Davide von Zitzewitz, Yanik Spachmüller und Robert Friedrich) und Team ADAC Sachsen 1 (mit Florian Görner, Andreas Beier und Pascal Sadecki).
DMSB Enduro Cup (B-Championat)
Der war wieder fest in der Hand der Youngsters auf ihren 125iger Zweitaktern. Fynn Hannemann eilte zu seinen Saisonsiegen vier und fünf, wenngleich er zugab, dass er sich an den Boden erst ein wenig gewöhnen musste. Nic Matthias lieferte eine ebenso starke Leistung ab. Der KTM-Fahrer verwies an beiden Tagen jeweils recht knapp Clemens Voigt (Sherco) auf den dritten Platz. Erster Fahrer, der auf keiner 125ccm-Maschine saß, war Arvid Meyer, der Samstag wie Sonntag mit Platz vier abschloss.